Wissenswertes rund um den menschlichen Darm.

Unser Darm ist in vielerlei Hinsicht ein faszinierendes Organ. Seine Hauptaufgabe liegt darin, die aufgenommene Nahrung zu verdauen und dabei wertvolle Nährstoffe aufzunehmen und dem Körper zur Verfügung zu stellen. Aber wusstet ihr, dass der Darm flächenmäßig das größte menschliche Organ ist und auch unser Immunsystem und unsere Gefühlswelt steuert? Wir haben 17 spannende Daten und Fakten zusammengetragen, die euch staunen lassen werden!

 

  1. Der menschliche Darm ist rund 8 Meter lang und besitzt eine Oberfläche von 30 m2. Ermöglicht wird dies durch die zahlreichen Zotten in der Darmwand – sie falten den Darm auf engstem Raum, damit wir möglichst viele Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen können [1]. Zum Vergleich: Unsere Hautoberfläche misst gerade einmal 2 m2 .                      
  2. Unsere Darmschleimhaut ist eine wichtige physikalische Barriere, die das Körperinnere von der Außenwelt trennt. Die Zellen der Darmschleimhaut haben nur eine kurze Lebensdauer und erneuern sich durchschnittlich alle drei bis fünf Tage, einige von ihnen sogar alle 36 Stunden [2].                                                        
  3. Im menschlichen Darm leben rund 40 Billionen Bakterien. Wir haben damit mehr fremde Lebewesen in unserem Körper als wir eigene Körperzellen besitzen [3]. Einige der Darmbakterien verlassen den Körper wieder mit dem Stuhlgang: Etwa 40 Milliarden Bakterien befinden sich in jedem Gramm unseres Stuhls und damit weit mehr, als es Menschen auf der Erde gibt.                                                                                                  
  4. Wissenschaftler haben inzwischen über 1.000 verschiedene Bakterienarten identifiziert, die im menschlichen Darm vorkommen können. Ein einzelner Mensch trägt in der Regel etwa 160 verschiedene Spezies in sich [4].   
  5. Unser Mikrobiom ist ein echtes Schwergewicht. Würde man alle Darmbakterien und Keime eines Menschen wiegen, würden sie 1 bis 2 Kilogramm auf die Waage bringen [5].                                                    
  6. Pro Tag produziert unser Körper bis zu 1,5 Liter Speichel. Er formt die aufgenommene Nahrung zu einer weichen Masse, sodass der Speisebrei die Speiseröhre nicht verletzt, und sorgt mit den enthaltenen Enzymen dafür, dass erste Fette und Kohlenhydrate in der Nahrung aufgespalten werden [6].                                     
  7. Rund 3 Tage dauert es, bis eine Mahlzeit unseren Verdauungstrakt durchlaufen hat und ausgeschieden wird. Während dieser Zeit wird der Nahrungsbrei durchgeknetet und durch Verdauungsenzyme in seine Bestandteile zerlegt. Die Zeit, die er im Magen verbringt, ist dabei erstaunlich kurz – sie kann je nach Art der Nahrung eine halbe bis 6 Stunden betragen.                                                                                          
  8. Unser Darm leistet tagtäglich Schwerstarbeit: Unglaubliche 30 Tonnen Nahrung und 50.000 Liter Flüssigkeit verarbeitet er durchschnittlich im Laufe eines 75-jährigen Lebens. Seine Hauptaufgabe dabei ist es, die verwertbaren Inhaltstoffe von den schädlichen Bestandteilen zu trennen     
  9. Der Darm ist das Zentrum unseres Immunsystems. Schätzungen zufolge sind mehr als 70% der Abwehrzellen im Darm angesiedelt, viele von ihnen befinden sich im Wurmfortsatz (Appendix), der Teil des Blinddarms ist [7].                                                                                       
  10. Unser Darm wird auch als zweites Gehirn bezeichnet. Mit rund 100 Milliarden Nervenzellen enthält der Magen-Darm-Trakt mehr Neuronen als Gehirn und Rückenmark. Er reagiert empfindlich auf Situationen, in denen wir Stress empfinden, und kann über die die Darm-Hirn-Achse unsere Gefühlswelt entscheidend mit beeinflussen [8].                                             
  11. Mehr als 20 Hormone werden im Darm gebildet. So werden zum Beispiel über 90% des Glückshormons Serotonin von der Darmschleimhaut produziert und nach Bedarf ins Blut abgegeben [9].         
  12. Der Darm verfügt über mehrere 100 Millionen Muskelzellen. Sie bilden eine schlanke Muskelschicht entlang der Darmwand und sorgen durch eine ständige Darmbewegung für eine gesunde Verdauung. Sie fördern außerdem den Entzug von Wasser aus dem Stuhl im Dickdarm, indem sie gelegentlich den „Rückwärtsgang“ einlegen: Der Darminhalt wird ein paar Mal vor und zurück geschoben, bis die Flüssigkeitsbilanz stimmt und der Stuhl eine geeignete Konsistenz hat.                                                             
  13. Wir pupsen durchschnittlich 15 Mal am Tag [5] [6]. Hochgerechnet auf die Weltbevölkerung liegen damit täglich rund 118 Milliarden Pupse in der Luft. Das individuelle Ausmaß der Flatulenz ist natürlich sehr verschieden und hängt auch von den Ernährungsgewohnheiten und dem allgemeinen Lebensstil ab – rund 8 bis 20 Pupse sind laut der Deutschen Gastro-Liga jedoch normal.                                                                         
  14. Wer sich fragt, ob mit seinem Stuhlgang alles in Ordnung ist, dem liefert die Bristol- Stuhlformen Skala Orientierung [12]. Sie teilt den Stuhl in 7 Typen, von einzelnen harten Klümpchen bis hin zur flüssigen Form, ein. Als ideal gilt, wenn er wurstartig ist und eine glatte oder rissige Oberfläche hat. Alle anderen Formen weisen auf eine Verstopfung oder Durchfall hin.                                                                            
  15. Historisches Toilettenpapier war äußerst gewöhnungsbedürftig. Archäologen haben inzwischen Überreste der „Pessoi“ entdeckt – kleine Steine oder Keramikscherben, die in römischen und griechischen Latrinen zur Säuberung des Afters nach dem Toilettengang genutzt wurden. Erforscht wird auch das „Xylospongium“ aus dem alten Rom, ein Stock, an dessen Ende ein Schwamm befestigt wurde, der mit einer Essig- oder Salzwasserlösung getränkt war.                                                                     
  16. Paare entwickeln häufig eine ähnliche Darmflora. Wissenschaftler erklären diese Beobachtung damit, dass Paare, die schon länger zusammenleben, einen ähnlichen Ernährungs- und Lebensstil haben, der die Zusammensetzung der Darmbakterien über die Zeit angleicht [13]. Auch interessant: Erste Studien widmen sich dem Phänomen, dass einige Darmbakterien Pheromone auszustoßen scheinen, die dazu führen, dass sich Menschen mit kompatibler Darmflora zueinander hingezogen fühlen.   
  17. Als teuerster Kaffee der Welt gilt derzeit der sogenannte Katzenkaffee. Er wird aus den halbverdauten Kaffeebohnen in den Exkrementen der Schleichkatze gewonnen, deren Verdauungssystem die Bohnen fermentiert und ihnen so ein spezielles Aroma verleiht [14].

 

Literaturverzeichnis

[1]          H. F. Helander und L. Fändriks, „Surface area of the digestive tract - revisited“, Scand. J. Gastroenterol., Bd. 49, Nr. 6, S. 681–689, Juni 2014, doi: 10.3109/00365521.2014.898326.

[2]          J. Park u. a., „Promotion of Intestinal Epithelial Cell Turnover by Commensal Bacteria: Role of Short-Chain Fatty Acids“, PLoS ONE, Bd. 11, Nr. 5, S. e0156334, Mai 2016, doi: 10.1371/journal.pone.0156334.

[3]          R. Sender, S. Fuchs, und R. Milo, „Revised Estimates for the Number of Human and Bacteria Cells in the Body“, PLoS Biol., Bd. 14, Nr. 8, S. e1002533, Aug. 2016, doi: 10.1371/journal.pbio.1002533.

[4]          J. Qin u. a., „A human gut microbial gene catalogue established by metagenomic sequencing“, Nature, Bd. 464, Nr. 7285, S. 59–65, März 2010, doi: 10.1038/nature08821.

[5]          P. Forsythe und W. Kunze, „Voices from within: Gut microbes and the CNS“, Cell. Mol. Life Sci. CMLS, Bd. 70, Mai 2012, doi: 10.1007/s00018-012-1028-z.

[6]          G. Iorgulescu, „Saliva between normal and pathological.  Important factors in determining systemic and oral health“, J. Med. Life, Bd. 2, Nr. 3, S. 303–307, Juli 2009.

[7]          U. P. Tiwari, S. A. Fleming, M. S. A. Rasheed, R. Jha, und R. N. Dilger, „The role of oligosaccharides and polysaccharides of xylan and mannan in gut health of monogastric animals“, J. Nutr. Sci., Bd. 9, ed 2020, doi: 10.1017/jns.2020.14.

[8]          M. Schemann und G. Mazzuoli, „Multifunctional mechanosensitive neurons in the enteric nervous system“, Auton. Neurosci. Basic Clin., Bd. 153, Nr. 1–2, S. 21–25, Feb. 2010, doi: 10.1016/j.autneu.2009.08.003.

[9]          G. Clarke, R. M. Stilling, P. J. Kennedy, C. Stanton, J. F. Cryan, und T. G. Dinan, „Minireview: Gut Microbiota: The Neglected Endocrine Organ“, Mol. Endocrinol., Bd. 28, Nr. 8, S. 1221–1238, Aug. 2014, doi: 10.1210/me.2014-1108.

[10]       M. D. Levitt, J. Furne, M. R. Aeolus, und F. L. Suarez, „Evaluation of an extremely flatulent patient: case report and proposed diagnostic and therapeutic approach“, Am. J. Gastroenterol., Bd. 93, Nr. 11, S. 2276–2281, Nov. 1998, doi: 10.1111/j.1572-0241.1998.00635.x.

[11]       J. Tomlin, C. Lowis, und N. W. Read, „Investigation of normal flatus production in healthy volunteers.“, Gut, Bd. 32, Nr. 6, S. 665–669, Juni 1991, doi: 10.1136/gut.32.6.665.

[12]       M. R. Blake, J. M. Raker, und K. Whelan, „Validity and reliability of the Bristol Stool Form Scale in healthy adults and patients with diarrhoea-predominant irritable bowel syndrome“, Aliment. Pharmacol. Ther., Bd. 44, Nr. 7, S. 693–703, 2016, doi: 10.1111/apt.13746.

[13]       D. Rothschild u. a., „Environment dominates over host genetics in shaping human gut microbiota“, Nature, Bd. 555, Nr. 7695, S. 210–215, März 2018, doi: 10.1038/nature25973.

[14]       Roastmarket Magazin, „Katzenkaffee Kopi Luwak - Was kann der extravagante Kaffee wirklich?“, Apr. 20, 2018. (zugegriffen Okt. 06, 2021).

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